JAHRESKREIS
24. SONNTAG (LESEJAHR B)
2
MIT JESUS
GEMEINSAM
Das
Entscheidende: Sich zu Christus bekennen.
Das Bekenntnis schließt ein Ja zum Kreuz ein.
Das Kreuz im Alltag.
I. Das
Pfingstfest der Juden - das dritte im öffentlichen Leben Jesu - war nahe. Früher
war der Herr nach Jerusalem hinaufgegangen, um dort der Menge, die aus Anlaß des
Festes von überallher in die heilige Stadt strömte, die Frohe Botschaft zu
verkünden. Diesmal aber verhielt er sich anders: er zog sich mit seinen Jüngern
zurück. Jesus verläßt das jüdische Gebiet und wandert das obere Jordantal hinauf
nach dem ruhigen Cäsarea Philippi. Unterwegs
und, wie Lukas vermerkt, nachdem er in der Einsamkeit gebetet hatte,
fragt Jesus die Zwölf:
Für wen
halten mich die Menschen?
Sie geben ihm weiter, was sie gehört hatten:
Einige
für Johannes den Täufer, andere für Elija ...
Der Herr stellt dann die entscheidende Frage:
Ihr aber,
für wen haltet ihr mich?
Es gibt
Fragen, die zwar interessant, jedoch unerheblich sind für unser Leben. Es gibt
dann Fragen, wie etwa »Was ist der Mensch?«
deren Beantwortung Einfluß auf unser Tun und Lassen hat. Die Frage jedoch, die
Jesus am Fuße des schneebedeckten Hermon nahe bei Cäsarea Philippi seinen
Aposteln stellt, entscheidet grundlegend über den Sinn und die Ausrichtung
unseres Lebens: Ihr aber,»für wen haltet ihr mich? Petrus gibt die
- damals wie heute - einzig wahre Antwort:
Du bist der Messias, das heißt: der Christus, der Gesalbte. Mit
diesem Würdetitel verband Petrus in seinem Bekenntnis noch die Aussage:
Sohn Gottes,
wie uns Matthäus überliefert.3
Es ist »jenes Bekenntnis, das erstmals in der Weltgeschichte, in der
Heilsgeschichte die Einheit von >Menschensohn< und >Gottessohn< vom glaubenden
Menschen her erkannte und aussprach. Ein ungeheures Ereignis der
Menschheitsgeschichte! Der Fischer Simon aus Galiläa ermißt zwar noch nicht die
Tiefe und die Folgen seines Bekenntnisses, doch er wirft seinen grenzenlosen
Glauben weit über seinen begrenzten Verstand hinaus.«4 Der Apostel will sagen:
Du bist jener, an dem der Sinn meines Lebens hängt- Gelingen oder Scheitern,
Sinn oder Sinnlosigkeit -, alles entscheidet sich an meiner Antwort, an meinem
Bekenntnis.
= 4 Der
Apostel will sagen: Du bist jener, an dem der Sinn meines Lebens hängt -
Gelingen oder Scheitern, Sinn oder Sinnlosigkeit -, alles entscheidet sich an
meiner Antwort, an meinem Bekenntnis.Weder die Gunst des Geschicks noch
Gesundheit oder Erfolg sind der Maßstab für das Gelingen unseres Lebens.
Entscheidend ist nur unsere Antwort auf die Frage Christi: Für wen hältst du
mich? Sie gibt allem und jedem, was geschieht, seinen Sinn.
Etwa zwei
Jahre sind vergangen, seitdem der Herr die Zwölf in seine Nachfolge berufen hat.
Der Umgang mit ihm während dieser Zeit läßt sie allmählich Tiefen ahnen, die sie
erst nach der Auferstehung voll ergründen werden. Das ist auch unser Weg.
Johannes Paul II. nennt ihn »einen Weg des aufmerksamen, bereiten Eindringens in
die Geheimnisse Christi« Und der Papst fährt fort: »Wir müssen in die Schule
jener ersten Jünger gehen, die seine Zeugen und unsere Lehrer sind, und uns
gleichzeitig der Erfahrung und dem Zeugnis von zwanzig Jahrhunderten Geschichte
öffnen, die von der Frage des Meisters und der vielstimmigen Antwort von
Gläubigen aller Zeiten und aller Orte geprägt sind.«5
II. Nach
dem Bekenntnis des Petrus vertraut Jesus zum erstenmal seinen Jüngern an,
der Menschensohn
müsse vieles erleiden und von den Hohenpriestern und Schriftgelehrten verworfen
werden; er werde getötet, aber nach drei Tagen werde er auferstehen. Und er
redete ganz offen darüber.6
Es ist ein rätselhaftes Wort für jene, die Zeugen so vieler Machttaten gewesen
sind. Da nahm
ihn Petrus beiseite und machte ihm Vorwürfe. Die Antwort des Herrn
ist hart, er gebraucht dieselben Worte wie in der Wüste dem Versucher gegenüber:
Weg mit dir,
Satan!7
Was der Teufel aus Bosheit versucht hatte, versucht jetzt der getreue Petrus aus
Liebe. Doch seine Liebe greift zu kurz. Sie ist ehrlich gemeint, aber viel zu
irdisch. Natürlich kann er den Zusammenhang des Erlösungswerkes noch nicht
erfassen, noch weiß er ja nicht, daß das Kreuz das Zeichen des Heils sein soll.
Wohl wiesen prophetische Texte wie die Jesaja-Stelle vom
leidenden Gottesknecht
in der ersten Lesung der heutigen Messe dunkel darauf hin:
Ich hielt meinen Rücken denen hin,
die mich schlugen (...). Mein Gesicht verbarg ich nicht vor Schmähungen und
Speichel.8
Aber erst nach dem Ostergeschehen werden diese Stellen transparent - jetzt kann
Petrus nur erschüttert und verständnislos reagieren. Er hat, so sagt ihm der
Herr, nicht das
im Sinn, was Gott will, sondern was die Menschen wollen, er hat
sich zu Jesus bekannt, er will dem Herrn überallhin folgen, aber dieses
wohin
- die letzte Wegstrecke bis ans Kreuz - hat nur Jesus klar vor Augen. »Was wir
heute im Lichte der Belehrung durch den Heiligen Geist, der die Kirche lenkt,
erkennen, war den Jüngern noch verhüllt und wurde ihnen erst stück- und
schrittweise enthüllt. Jesus selbst führte sie an die Heilsgeheimnisse heran. Er
machte sie dazu fähig, sie einst - in der jungen Kirche und diese aufbauend -
weiterzugeben, pastoral und theologisch. Das heißt durch das Vorleben der
Christusnachfolge im Bemühen, ihm menschlich gleichförmig zu werden, und durch
die Unterweisung der zum Glauben Gelangenden über das Geheimnis der Erlösung.«9
Später werden all diese Apostel, die jetzt verständnislos das Wort des Herrn
hören, in ihrem eigenen Leben den Zusammenhang von Leiden und Erlösung, Kreuz
und Nachfolge erfahren, den sie jetzt noch nicht erfassen können.
III. Wir
wissen, sagt Johannes Paul II., daß wir uns »vor Jesus nicht mit einer rein
menschlichen Sympathie, mag sie auch noch so legitim und nobel sein, begnügen
dürfen und daß es nicht genügt, ihn als eine eindrucksvolle Gestalt anzusehen,
die ein historisches, theologisches oder soziales Interesse weckt und die
Künstler inspiriert.«10 Christus nimmt unsere ganze Person in Anspruch. Er
bittet uns darum, in seiner Nachfolge auf unseren Eigenwillen zu verzichten und
mit ihm gleichförmig zu werden. Nach dem Tadel an Petrus ruft der Herr alle
Jünger zu sich und sagt ihnen: Wer mein Jünger
sein
will, der verleugne sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach.
Denn wer sein Leben retten will, wird es verlieren; wer aber sein Leben um
meinetwillen und um des Evangeliums willen verliert, wird es retten.11
In der
Nachfolge verschmelzen Leid und Schmerz mit dem Kreuz Christi. Sie erhalten eine
neue Qualität: verwandeln sich in Liebe und Erlösung. Wir besteigen mit Christus
Golgota, wir läutern uns und entdecken den Schatz, der darin verborgen liegt.
Wir haben dann die Kraft, für Dinge zu danken, die in den Augen der Menschen ein
Unglück sind: Krankheit, Mißerfolg, Niederlagen oder gar Ruin. Und wenn wir
einmal merken, daß wir verbittert und übelgelaunt darauf reagieren, dann wissen
wir, daß wir das Kreuz aus den Augen verloren, daß wir uns von Christus entfernt
haben.
Die
Widerwärtigkeiten sind für einen Christen keine sinnlose Last. Man kann sie Gott
darbringen als Sühne für die eigenen Sünden oder als Opfergabe für apostolische
Fruchtbarkeit. Die Seele ist dann besser für das Gebet gerüstet, der Alltag wird
dann ein Gewebe aus freudigen und schmerzlichen Geschehnissen, die wir auf Gott,
unseren Vater, zu beziehen wissen. Das Herz weitet sich nun, und es wird
leichter, unseren Mitmenschen verständnisvoll und geduldig zu begegnen. Und
umgekehrt: Wer darauf aus ist, in seinem Leben jedem Opfer auszuweichen, wird
Christus nicht finden und das Glück verfehlen, das Folge der Liebe und Hingabe
ist. Wie oft müssen wir am Ende eines Tages feststellen, daß wir den freudigen
Schwung eingebüßt haben, nur weil es uns nicht gelungen ist, die kleinen
Widerwärtigkeiten als heiligend zu erkennen!
Der Herr möge uns helfen, Tag für Tag das
Kreuz zu entdecken, das uns ihm gleichmacht. Ihn bitten wir: »Nimm mich so, wie
ich bin, mit all meinen Fehlern und Armseligkeiten; aber laß mich so werden, wie
du mich haben willst.«12
vgl.
8,27. -
vgl.
9,18. -
vgl.
16,16. -
P.Berglar,
Petrus -
Vom Fischer zum Stellvertreter,
München 1991, S.20. -
Johannes Paul II.,
Generalaudienz,
7.1.1987. -
8,31-32. -
vgl.
4,10. -
50,6. -
P.Berglar,
Petrus -
Vom Fischer zum Stellvertreter,
München 1991, S.56. -
Johannes Paul II.,
Generalaudienz,
7.1.1987. -
8,34-35. -
Johannes Paul II.,
,
13.9.1978.